Bilanzierung bestrittener Steuerforderungen

Grundsätzlich müssen vom Finanzamt festgesetzte Steuernachforderungen in der Bilanz passiviert werden. Falls der Steuerpflichtige jedoch erhebliche Einwände gegen die Nachforderung hat und er auf Basis einer fundierten Argumentation mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass er die Nachforderung durch Rechtsmittel deutlich vermindern oder ganz abwenden kann, ist der streitige Betrag nicht zurückzustellen.

Bei den derzeitigen Niedrigzinsen kann es für Steuerpflichtige unter Umständen sinnvoll sein, trotz guter Erfolgsaussichten keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen und stattdessen den nachgeforderten Betrag an das Finanzamt zu zahlen. Soweit der Steuerpflichtige im Einspruchsverfahren erfolgreich ist, wird das Steuerguthaben vom Finanzamt zurückgezahlt und mit 6% attraktiv verzinst. Im Fall der Erfolglosigkeit der Rechtsmittel fallen keine Nachzahlungszinsen an, die ebenso mit 6% zu berechnen wären.

Handelsbilanziell stellt sich die Frage, ob die vom Steuerpflichtigen erwartete Steuererstattung aktiviert werden kann. Hiermit hat sich der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) in seiner 247. Sitzung beschäftigt. Danach ist für eine bestrittene Steuerschuld dann eine Rückstellung zu bilden, wenn die Gründe für eine Inanspruchnahme stärker wiegen als die Gründe dagegen. Die Bildung einer Steuerrückstellung hat nach den allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen zur Passivierung von Rückstellungen zu erfolgen.

Für die Aktivierung von Forderungen gelten hingegen andere Grundsätze als für die Passivierung von Rückstellungen. Hierfür reicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht aus. Vielmehr dürfen Forderungen nur aktiviert werden, wenn die Anspruchsvoraussetzungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Diese Voraussetzung ist jedoch bei bestrittenen Steuerforderungen bis auf wenige Ausnahmen (z. B. offenbare Unrichtigkeit) nicht erfüllt. Vielmehr hat die zuständige Behörde in Kenntnis der abweichenden Auffassung des Steuerpflichtigen das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen verneint und die Steuer abweichend festgesetzt.

Letztendlich kommt der HFA zu dem Ergebnis, dass bei Steuerrechtsstreitigkeiten, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Steuerpflichtigen positiv ausgehen, vor Zahlung der von den Finanzbehörden geforderten Summe keine Rückstellung zu bilden ist, nach Zahlung jedoch – trotz unveränderter Erfolgsaussichten – keine Steuererstattungsforderung aktiviert werden kann.

Themenübersicht

AllgemeinesHGBSteuernArchiv