Anwendungsfragen im Zusammenhang mit den neuen Bewertungsregeln für Pensionsrückstellungen

Am 17. März 2016 ist das „Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ und damit die Änderung der Bewertungsregeln für Pensionsrückstellungen in Kraft getreten (siehe hierzu auch UHY NEWSletter aus April 2016). Mit einigen Anwendungsfragen im Zusammenhang mit den Neuregelungen hat sich der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) befasst. Dabei ist der HFA unter anderem zu den nachfolgenden Ergebnissen gelangt:

1. Abzinsungssatz

Ausschließlich Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen (Pensionsrückstellungen) werden nach den Neuregelungen mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäfts­jahre abgezinst. Bei allen übrigen Rückstellungen bleibt es zwingend bei der Betrachtung über sieben Jahre. Demnach werden z. B. auch Rückstellungen für mit Altersversorgungsver­pflichtungen vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen (z. B. Altersteilzeitverpflichtungen oder Verpflichtungen aus Lebensarbeitszeitkonten) weiterhin mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre bewertet. Da die neuen Regelungen in den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften des HGB verortet sind, haben nicht nur Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften, sondern auch Einzelkaufleute und nicht-haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften die Pensionsrückstellungen in ihren handelsrechtlichen Abschlüssen für Abschlussstichtage nach dem 31. Dezember 2015 verpflichtend mit dem von der Bundesbank bekannt gegebenen zehn-Jahresdurchschnitts-zinssatz zu bewerten. Für diese Abschlussstichtage ist eine Abzinsung mit dem sieben-Jahresdurchschnittszinssatz nicht mehr zulässig (kein Wahlrecht).

2. Ausschüttungssperre nach § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB

Von den neuen Regelungen betroffene Unternehmen haben in Zukunft zu jedem Abschlussstichtag den Wert der Pensionsrückstellungen sowohl mit dem zehn-Jahresdurchschnittszinssatz als auch mit dem sieben-Jahres-durchschnittszinssatz zu ermitteln und den Unterschiedsbetrag zwischen diesen beiden Wertansätzen festzustellen. Gewinne dürfen künftig nur ausgeschüttet werden, wenn die nach einer Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags mindestens dem festgestellten Unterschiedsbetrag entsprechen. Insoweit können die neuen Regelungen zu einer faktischen Ausschüttungssperre führen. Laut HFA ist davon auszugehen, dass die Ausschüttungssperre nur für Kapitalgesellschaften, nicht aber für Einzel­kaufleute sowie Personenhandelsgesellschaften im Allgemeinen und auch nicht für haftungsbe­schränkte Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264a HGB gilt, auch wenn die Regelung dazu in den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften des HGB verankert ist. Es erscheint dem HFA zudem sachgerecht, die ausschüttungsgesperrten Beträge für die Frage des Wiederauflebens der Außenhaftung eines Kommanditisten im Falle der Entnahme den ausschüttungsgesperrten Beträgen des § 268 Abs. 8 HGB gleichzustellen. Auch sind nach HFA aus den Pensionsrückstellungs­bewertungen resultierende ausschüttungsgesperrte Beträge und nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Beträge addiert zu betrachten; eine isolierte Betrachtung dergestalt, dass frei verwendbares Eigenkapital für die Deckung der ausschüttungsgesperrten Beträge nach den neuen Regelungen einerseits und zugleich zusätzlich für die Deckung ausschüttungsgesperrter Beträge nach § 268 Abs. 8 HGB andererseits herangezogen wird, ist nicht zulässig. Wenn bereits nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Beträge vorliegen, erhöht sich folglich der ausschüttungsgesperrte Betrag durch das Vorliegen eines Unterschiedsbetrags gemäß § 253 Abs. 6 Satz 1 HGB. Die Berücksichtigung von entgegengesetzten Effekten auf angesetzte aktive oder passive latente Steuern bei der Bemessung der Ausschüttungssperre analog zu den Regelungen in § 268 Abs. 8 HGB erscheint dem HFA ebenfalls sachgerecht.

3. Anhangangaben

Der Unterschiedsbetrag zwischen der Bewertung der Pensionsrückstellung mit dem zehn-Jahresdurchschnittszinssatz und dem sieben-Jahresdurchschnittszinssatz ist zu jedem Abschluss­stichtag im Anhang anzugeben. Wird kein Anhang aufgestellt, ist die Angabe unter der Bilanz zu machen. Grund hierfür ist, dass die Angabe dem durch die Umstellung der Abzinsung erhöhten Informationsbedürfnis der Adressaten des Jahresabschlusses gerecht werden soll. Angabepflicht besteht auch dann, wenn für das betreffende Unternehmen die Regelung zur Ausschüttungssperre nicht anzuwenden ist. Folglich haben auch Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften den Unterschiedsbetrag im Anhang oder unter der Bilanz anzugeben.

4. Gewinn - und Verlustrechnung

Die Erfolgswirkungen aus der erstmaligen Anwendung des über die vergangenen zehn Geschäfts­jahre ermittelten Abzinsungssatzes sind als Zinssatzänderungseffekt entweder im Finanzergebnis oder im operativen Ergebnis zu erfassen. Die Ausübung dieses Ausweiswahlrechts hat unter Beachtung der bisherigen Wahlrechtsausübung des Unternehmens zu erfolgen. Eine Abweichung von der bisherigen Ausübung des Wahlrechts darf dem Gebot der Darstellungsstetigkeit folgend daher nur in begründeten Ausnahmefällen mit entsprechender Angabe und Begründung im Anhang geschehen.

5. Auswirkungen auf den Unterschiedsbetrag nach BilMoG

Ergibt sich aus der Anwendung der Neuregelungen eine Minderung der Altersversorgungsrück­stellungen, darf diese Verminderung nach Auffassung des HFA zunächst gegen etwaige noch ausstehende Zuführungsbeträge aus der BilMoG-Umstellung verrechnet werden („verrechneter Ausweis“). Eine erfolgswirksame Auflösung von Altersversorgungsrückstellungen würde dann erst erfolgen, soweit den Auswirkungen aus den neuen Regelungen keine ausstehenden Zuführungs­beträge nach BilMoG mehr gegenüberstehen. Alternativ darf eine gesondert ausgewiesene zusätzliche Zuführung in Höhe der Auflösung wegen Zinssatzänderung (außerplanmäßige Zuführung noch ausstehender „BilMoG-Umstellungsbeträge“) und eine ebenfalls gesondert ausgewiesene Auflösung wegen Zinssatzänderung vorgenommen werden („unverrechneter Ausweis“). Für Abschlüsse für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen, hat ein gesonderter Ausweis innerhalb der „sonstigen betrieblichen Aufwendungen“ zu erfolgen. Beide Vorgehensweisen (verrechneter und unverrechneter Ausweis) stellen sicher, dass keine Rückstellungsbeträge aufgelöst werden, die infolge der „gestreckten“ aufwandswirksamen Erfassung des BilMoG-Umstellungsbetrags bis zum Abschlussstichtag noch nicht in vollem Umfang aufwandswirksam zugeführt wurden.