Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz ist veröffentlicht worden – wesentliche Inhalte

Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) ist am 22. Juli 2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und am Tag nach seiner Verkündung, mithin am 23. Juli 2015 in Kraft getreten. Die Anwendung der neuen Regelungen erfolgt grundsätzlich für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen. Einige ausgewählte Neuregelungen sind nachstehend vorgestellt:

Anhebung der Schwellenwerte in § 267 und § 293 HGB

Die Schwellenwerte für die Definition kleiner, mittelgroßer und großer Kapitalgesellschaften und diesen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften sowie die Schwellenwerte für die Konzernrechnungslegungspflicht sind angehoben worden. Dies führt dazu, dass einzelne bislang als mittelgroß oder groß eingestufte Kapitalgesellschaften künftig als klein oder mittelgroß gelten bzw. dass einzelne bisher der Pflicht der Konzernrechnungslegung unterworfene Mutterunternehmen aufgrund der Größe des Konzerns von der Berichtspflicht ausgenommen sein werden. Die Schwellenwerte lauten nun wie folgt:

Für den Einzelabschluss Bilanzsumme Umsatzerlöse Arbeitnehmerzahl
kleine Kapitalgesellschaften EUR 6 Mio. EUR 12 Mio. 50
mittelgroße Kapitalgesellschaften EUR 20 Mio. EUR 40 Mio. 250
       
Für den Konzernabschluss Bilanzsumme Umsatzerlöse Arbeitnehmerzahl
Bruttomethode EUR 24 Mio. EUR 48 Mio. 250
Nettomethode EUR 20 Mio. EUR 40 Mio. 250

               

Im Unterschied zu vielen anderen Neuregelungen, die erstmals auf Abschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden sind, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen, dürfen die angepassten Schwellenwerte für den Einzel- und Konzernabschluss rückbezogen werden und somit rückwirkend erstmalig auf Jahresabschlüsse für das nach dem 31.12.2013 beginnende Geschäftsjahr angewendet werden. In Abhängigkeit davon, ob ein Unternehmen nach den neuen Schwellenwerten nun in eine andere Größenkategorie fällt, ergeben sich dementsprechend veränderte – in der Regel vereinfachte - gesetzliche Anforderungen an die Rechnungslegungspflicht.

Kleinstkapitalgesellschaften

Neu geregelt ist, welche Gesellschaften – trotz Erfüllung der Größenmerkmale – nicht als Kleinstkapitalgesellschaften gelten und damit die im Gesetz vorgesehenen Erleichterungen bei der Bilanzierung und Offenlegung nicht in Anspruch nehmen dürfen. Demnach gelten die besonderen Vorschriften für solche Kleinstkapitalgesellschaften nicht mehr, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben sowie die Verwaltung und Verwertung dieser Beteiligungen wahrzunehmen, ohne dass sie unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Unternehmen eingreifen (Holdinggesellschaften). Außerdem ist die Bilanzsumme der Kleinstkapitalgesellschaft künftig unter Einbeziehung der aktiven latenten Steuern zu ermitteln.

Neuer Bestandteil des Jahresabschlusses

An einer nicht genau bestimmten Stelle sind künftig die Firma, der Sitz, das Registergericht und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, im Jahresabschluss anzugeben.

Nutzungsdauer für selbst geschaffene immaterielle Vermögens-gegenstände des Anlagevermögens

Für Fälle, in denen die tatsächliche Nutzungsdauer solcher Vermögens-gegenstände nicht verlässlich geschätzt werden kann, werden im BilRUG zukünftig konkrete Vorgaben gemacht. Danach sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen. Gleiches gilt im Fall der nicht bestimmbaren Nutzungsdauer für einen Geschäfts- oder Firmenwert. Sofern eine voraussichtliche Nutzungsdauer verlässlich bestimmbar ist oder Anhaltspunkte für eine bestimmbare kürzere Nutzungsdauer bestehen, bleibt es bei den allgemeinen Regelungen.

Entfall des außerordentlichen Ergebnisses in der Gewinn- und Verlustrechnung

Noch sind außerordentliche Aufwendungen und außerordentliche Erträge in der Gewinn- und Verlustrechnung in je separaten Posten auszuweisen und im Anhang zusätzlich hinsichtlich ihres Betrags und ihrer Art zu erläutern, soweit die ausgewiesenen Beträge für die Beurteilung der Ertragslage nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Künftig entfällt der separate Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung, und es sind stattdessen zwingend Angaben zu Betrag und Art der außerordentlichen Posten im Anhang zu machen. Innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung werden die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen künftig in den „regulären“ Posten (z. B. sonstige betriebliche Erträge, Personalaufwand, Materialaufwand, sonstige betriebliche Aufwendungen) erfasst. So ist z. B. grundsätzlich der Ausweis des Aufwands aus der Verteilung des Unterschiedsbetrags von Pensionsrückstellungen, der aus der Umstellung der Rechnungslegung durch das BilMoG im Jahr 2010 resultiert, künftig innerhalb der sonstigen betrieblichen Aufwendungen auszuweisen und im Anhang zu erläutern.

Rücklage für ausschüttungsgesperrte Gewinne bei phasengleicher Gewinnvereinnahmung

Neu geregelt ist, dass der auf einen Beteiligungsertrag entfallende Teil des in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Beteiligungsertrags, der den als Dividende oder Gewinnanteil eingegangenen Betrag oder den Betrag, auf dessen Zahlung die Gesellschaft einen Anspruch hat, übersteigt, in eine Rücklage einzustellen ist. Diese neue Rücklage darf nicht ausgeschüttet werden. Sie ist aufzulösen, soweit die Gesellschaft die Beträge vereinnahmt oder einen Anspruch auf Zahlung erwirbt.

Umsatzerlöse

Der Begriff der Umsatzerlöse wird wie folgt neu definiert: „Als Umsatzerlöse sind die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen.“ Die bislang gängige Betrachtung, nach der Umsatzerlöse in Abhängigkeit von Branche und Unternehmensgegenstand teilweise unterschiedlich abgegrenzt wurden, ist nicht mehr zulässig, und es ergibt sich eine Ausweitung des Definitionsbereichs der Umsatzerlöse. Während bislang z. B. Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken bei Grundstücksgesellschaften geschäftstypisch Umsatzerlöse darstellten, wurden diese Erlöse bei anderen Unternehmen in der Regel als „sonstige betriebliche Erträge“ qualifiziert. Nach der Neudefinition wird künftig eher einheitlich ein Ausweis in den Umsatzerlösen erfolgen. Auch die folgenden, bislang regelmäßig als sonstige betriebliche Erträge erfassten Erträge, sind beispielsweise künftig als Umsatzerlöse auszuweisen: Miet- und Pachteinnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlagen und Maschinen des Anlagevermögens oder Werkswohnungen, Leistungen an Mitarbeiter aus Kantinenverkäufen oder Erholungsheimen, Erträge aus der Überlassung von nicht ausgelasteten gewerblichen Arbeitnehmern, Erträge aus Patent- und Lizenzeinnahmen, die Haftungsvergütung einer Komplementär-GmbH, Einnahmen aus Konzernumlagen wie Management- und Serviceleistungen.

Im ersten Jahr der BilRUG-Anwendung muss im Anhang nachrichtlich angegeben werden, wie hoch die Umsatzerlöse im Vorjahr gewesen wären, hätte das BilRUG bereits angewendet werden müssen.

Die Neudefinition kann erhebliche Auswirkungen auf diverse betriebliche Kennzahlen und Steuerungsgrößen sowie die Bemessungsgrundlage für erfolgsabhängige Zahlungen (z. B. Umsatztantiemen) haben.

Änderungen im Anhang

Die meisten Änderungen des BilRUG betreffen den Anhang, der zudem durch die Aufnahme neuer verpflichtender Anhangangaben sowie durch die Verlagerung von Angabepflichten in den Anhang in seiner Bedeutung aufgewertet wird. Nachstehend sind einige Beispiele der insbesondere mittelgroße Gesellschaften betreffenden Neuregelungen angegeben:

  • Das Wahlrecht zum Ausweisort des Bruttoanlagenspiegels ist entfallen: Der Spiegel darf nur noch im Anhang wiedergegeben werden, was aber bereits heute die Regel ist. Künftig ist in Fällen, in denen Zinsen in die Herstellungskosten einbezogen worden sind, anzugeben, welcher Betrag an Zinsen im Geschäftsjahr aktiviert worden ist.
  • Haftungsverhältnisse dürfen künftig ebenfalls ausschließlich im Anhang erscheinen. Zusätzlich zu den bisherigen Pflichtangaben müssen bei den Haftungsverhältnissen und sonstigen finanziellen Verpflichtungen die Verpflichtungen betreffend die Altersversorgung sowie die Verpflichtungen gegenüber assoziierten Unternehmen jeweils gesondert angegeben werden.
  • Bei Vorliegen von außerbilanziellen Geschäften sind auch deren finanzielle Auswirkungen anzugeben.
  • In die Anteilsbesitzliste sind in Zukunft alle Unternehmen aufzunehmen, an denen eine Beteiligung i. S. v. § 271 Abs. 1 HGB besteht oder deren Anteile von einer Person für Rechnung der Kapitalgesellschaft gehalten werden. Gegenwärtig sind nur Beteiligungen von mindestens 20 % anzugeben.
  • Die aktienrechtlichen Angabepflichten zum Bestehen von Genussrechten oder ähnlichen Rechten, aus denen die Gesellschaft verpflichtet ist (z. B. Wandelschuldverschreibungen, Optionsscheine, Optionen, Besserungsscheine) sind nach BilRUG künftig auch für GmbHs und Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264a HGB verpflichtend.
  • Wie oben bereits beschrieben, sind künftig im Anhang Angaben zu außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen hinsichtlich ihres Betrags und ihrer Art zumachen.
  • Zu latenten Steuern sind künftig auch noch Angaben zu den Bewegungen der einzelnen Salden zu machen. Eine mittelgroße Gesellschaft ist zwar von der bisherigen Anhangangabe nach § 285 Satz 1 Nr. 29 HGB befreit, nicht aber von der neuen Regelung. Die kleine Gesellschaft ist von beiden Angaben befreit, die große von keinen.
  • Der sogenannte Nachtragsbericht, also die Erläuterung der Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten sind, ist künftig nicht mehr im Lagebericht, sondern im Anhang wiederzugeben. Kleine Gesellschaften, die keinen Lagebericht aufstellen müssen, sind von dieser Angabepflicht jedoch befreit.
  • Der Anhang muss künftig zwingend einen Ergebnisverwendungsvorschlag enthalten. Soweit bei der Jahresabschlussaufstellung noch kein solcher Beschluss vorhanden ist, ist der Vorschlag zur Verwendung des Ergebnisses anzugeben. Das gilt künftig selbst dann, wenn das Unternehmen eine GmbH ist und an der GmbH natürliche Personen beteiligt sind.

Auch für kleine Gesellschaften sind neue Pflichtangaben eingeführt: Es ist die durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahrs beschäftigten Arbeitnehmer anzugeben, wobei eine Aufgliederung nach Gruppen von Beschäftigten nicht erforderlich ist. Es sind Angaben zum Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen zu machen. Angaben zu Erträgen und Aufwendungen von außergewöhnlicher Größe oder Bedeutung sind hinsichtlich ihrer Art und der jeweiligen Beträge zu machen.

Die Erleichterungsvorschriften für kleine Gesellschaften werden hingegen ausgeweitet, so dass z. B. folgende Angaben künftig nicht mehr zu machen sind: Angaben zu nicht geleisteten Hafteinlagen, zu gehaltenen Beteiligungen, zu Organmitgliedern, im Falle von Personengesellschaften zum persönlich haftenden Gesellschafter, zur Bewertung von Pensions-rückstellungen, zum Risiko von Inanspruchnahmen.

Es wird insgesamt ersichtlich, dass die Erleichterungen bei den kleinen Gesellschaften deutlich ausgeweitet wurden, die Angabepflichten für die mittelgroßen Gesellschaften aber zugenommen haben. Bei letzteren wird neu hinzukommen, dass Angaben zu nahestehenden Personen künftig nicht mehr nur von Aktiengesellschaften gemacht werden müssen.

Offenlegung

Nach wie vor beträgt die Offenlegungsfrist maximal 12 Monate. Die Verpflichtung erstreckt sich nunmehr aber auch auf den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers. Die Offenlegung eines ungeprüften Jahresabschlusses ist bei Bestehen der Prüfungspflicht nicht mehr zulässig. Ebenfalls nicht mehr möglich ist eine Offenlegung des noch nicht von der Gesellschafterversammlung beschlossenen Jahresabschlusses. Die bisherige Offenlegung "zur Fristwahrung" entfällt damit.

Schlussbemerkung

Das BilRUG hat viele Änderungen im Detail gebracht, deren Berücksichtigung spätestens für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen, erforderlich ist. Mit Blick auf den ersten gemäß BilRUG zu erstellenden Jahresabschluss ist es empfehlenswert, diese Änderungen gleich zu Beginn des betreffenden Geschäftsjahres im Auge zu behalten. Dies gilt insbesondere aber nicht nur für die Neudefinition der Umsatzerlöse. Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über die Änderungen durch das BilRUG vermitteln; er ist nicht erschöpfend. In jedem Einzelfall ist gesondert zu prüfen, welche Änderungen zu berücksichtigen sind.