Die strafbefreiende Selbstanzeige

Wirksamkeit der Anzeige

Eine wirksam erklärte Selbstanzeige führt in Steuerhinterziehungsfällen dazu, dass strafrechtliche Konsequenzen abgewendet werden können, wenn

  • sie rechtzeitig und
  • vollständig erklärt wird,
  • bestimmte Schadensgrenzen nicht überschritten worden sind und
  • der hinterzogene Steuerbetrag zuzüglich Zinsen nachentrichtet wird.

Das Entdeckungsrisiko für Steuerstraftaten ist in den letzten Jahren durch den Ankauf von Steuerdaten-CDs, den grenzüberschreitenden Informationsaustausch und die Aufstockung von Steuerfahndern stetig gestiegen. Zigtausende von Steuerpflichtigen haben deshalb bei ihrem Finanzamt eine Selbstanzeige abgegeben und so Straffreiheit erlangt. Leider sind die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige vom Gesetzgeber mehrere Male verschärft worden mit der Folge, dass das Risiko einer wirksamen Selbstanzeige dramatisch gestiegen ist. Diesem Risiko kann nur durch sorgfältigste Sachverhaltsaufklärung und eine fachkundige und erfahrene Beratung begegnet werden.

Praktische Umsetzung

Der Steuerpflichtige muss zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart der letzten 10 Kalenderjahre in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigen, die unvollständigen Angaben ergänzen oder die unterlassenen Angaben nachholen (sog. Vollständigkeitsgebot). Ausnahmen gelten für Fälle der Umsatzsteuer- oder Lohnsteuer-Nachschau. Nach ihrer Beendigung ist eine Selbstanzeige u. U. wieder möglich.

Hinter diesen Voraussetzungen steht eine Fülle von Detailfragen, die zum Teil von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt sind. Eine fachliche Beratung und Begleitung bei der Selbstanzeige sind daher dringend anzuraten.

Übersteigt der durch die Hinterziehung bewirkte Schaden einen Betrag von EUR 25.000 je Steuerstraftat, so soll der Steuerhinterzieher keine Strafbefreiung erlangen. Dennoch wird von einer Bestrafung der Steuerstraftat abgesehen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb einer bestimmten Frist die hinterzogenen Steuern zuzüglich eines gestaffelten Aufschlags von 10 bis 20 % zugunsten der Staatskasse bezahlt. Vielfach wird jedoch übersehen, dass die Bezahlung alleine ohne eine rechtzeitige und vollständige Selbstanzeige nicht ausreicht und das Verfahren fortgesetzt wird.

Nach der Abgabe einer Selbstanzeige wird grundsätzlich ein steuerstrafrechtliches Ermitt­lungsverfahren eingeleitet. Ist die Selbstanzeige erfolgreich, so wird dieses Ermittlungsverfahren eingestellt.

Sind mehrere Personen an der Steuerstraftat beteiligt, so ist darauf zu achten, dass die Selbstanzeigen aller Beteiligten gleichzeitig abgegeben werden, damit sie sich nicht gegenseitig im o. g. Sinne „sperren“.

Teilweise Selbstanzeigen sind damit nicht mehr möglich und führen - außer bei sog. Bagatellabweichungen - nicht mehr zur Straffreiheit! Bei den Lohnsteuer-Anmeldungen und den Umsatzsteuer-Voranmeldungen gelten günstigere Sonderregelungen, die unbedingt zu beachten sind.

Oft fehlen den Mandanten zunächst konkrete Zahlen und Unterlagen, so dass sich die Frage stellt, ob nicht zunächst großzügig geschätzte Zahlen erklärt und die konkreten Belege später nachgereicht werden sollen. Vor diesem Vorgehen ist nach unserer praktischen Erfahrung zu warnen, da die strafrechtlich unverjährten Zeiträume je nach Fallkonstellation sogar bis zu 12 Jahre umfassen können und zu geringe Schätzungen stets zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen. Welcher Zeitraum unverjährt ist, ist eine ebenso komplizierte wie entscheidende Frage. Wir raten daher zur Abgabe der Selbstanzeige nur nach penibler Vorbereitung.

Weitere Voraussetzung einer wirksamen Selbstanzeige ist, dass keine sog. Sperrgründe vorliegen, insbesondere muss die Nacherklärung erfolgen, bevor die Steuerstraftat von der zuständigen Behörde aufgeklärt wird, und es dürfen bestimmte Schadensgrenzen nicht überschritten werden. Ist einem an der Tat Beteiligten oder Begünstigten bereits eine Prüfungsanordnung der Betriebsprüfung bekannt gegeben worden oder gar die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens oder ist der Finanzbeamte bereits zur steuerlichen Betriebsprüfung erschienen, so ist eine strafbefreiende Selbstanzeige für den betreffenden Zeitraum und den sachlichen Umfang nicht mehr möglich. Gleiches gilt, wenn die Straftat im Zeitpunkt der Berichtigung bzw. Nacherklärung ganz oder zum Teil bereits vom Finanzamt entdeckt war und der Steuerpflichtige dies wusste oder zumindest damit rechnen musste.

Resümee

In der Tagespresse ist immer wieder von gescheiterten Selbstanzeigen und deren drama­tischen Folgen zu lesen. Aus jahrzehntelanger Erfahrung wissen wir, dass kein Fall mit dem anderen vergleichbar ist, dass aber ein entscheidender Erfolgsfaktor in allen Fällen die größte Sorgfalt bei der Vorbereitung einer Selbstanzeige ist.

Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel ersetzen nicht die Beratung im Einzelfall.

Johannes Bitzer, RA/StB, UHY Deutschland AG, München