Öffentliche Zuschüsse nach BilRUG in der Gewinn- und Verlustrechnung

Mit dem am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) wurden umfangreiche Änderungen für Einzel- und Konzernabschlüsse beschlossen. Eine wesentliche Änderung betraf die deutlich weiter gefasste Definition der Umsatzerlöse.

Vor der Einführung des BilRUG wurden unter den Umsatzerlösen die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von typischen Erzeugnissen und Waren sowie aus typischen Dienstleistungen ausgewiesen, wenn diese im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erfolgen. Nach der Neudefinition des § 277 Abs. 1 HGB gehören zu den Umsatzerlösen die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich dabei um eine typische oder gewöhnliche Geschäftstätigkeit des Unternehmens handelt. Diese Änderung führte letztendlich auch zum Wegfall der Position „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ in der Gewinn- und Verlustrechnung.

Nachfolgend wird erläutert, ob sich aufgrund des BilRUG Auswirkungen auf den Ausweis von öffentlichen Zuschüssen in Gewinn- und Verlustrechnung ergeben. Die Behandlung von Investitionszuschüssen (z. B. private Baukostenzuschüsse oder öffentliche GRW-Fördermittel für Investitionen) oder privaten Aufwands- oder Ertragszuschüssen wird an dieser Stelle nicht thematisiert. Weiterhin wird angenommen, dass die Zuschüsse periodengerecht im laufenden Geschäftsjahr zu erfassen sind.

Die gewährten Zuschüsse können unter anderem nach folgenden Kriterien unterschieden werden:

  • Zuschüsse mit Gegenleistungscharakter
  • Zuschüsse ohne Gegenleistungscharakter

Zuschüsse können durch öffentliche Fördermittelgeber im Rahmen von Fördervorhaben (z. B. Fördermittel von Bund und Ländern für Forschungs- und Entwicklungsleistungen) gewährt werden. Grundlage der Zuschussgewährung sind in der Regel Zuwendungsbescheide. Bestandteil der Zuwendungsbescheide sind üblicherweise allgemeine Nebenbestimmungen, so z. B. bei der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen der Investitionsbank des Landes Brandenburg die ANBEST-G.

Bei den öffentlichen Zuschüssen handelt es sich im Regelfall um nicht oder nur bedingt rückzahlbare Zuwendungen. Solange die Bedingung für die Rückzahlung (regelmäßig der Eintritt eines bestimmten, in den Zuwendungsbedingungen definierten Ereignisses bzw. die Nichtdurchführung von Maßnahmen) nicht eingetreten ist, verbleibt die Zuwendung endgültig beim Zuwendungsempfänger. Nach IDW HFA 1/1984 i.d.F. 1990 stellen diese nicht rückzahlbaren Zuwendungen Erfolgsbeiträge dar, die in der Gewinn- und Verlustrechnung als Ertrag (oder Minderung von Aufwendungen) auszuweisen sind.

Auch im Fall von Zuschüssen ist nach der definitorischen Einordnung des Gesetzgebers zu beachten, dass die Erbringung einer Dienstleistung nur dann als Umsatzerlös zu qualifizieren ist, wenn es sich um einen Leistungsaustausch handelt. Daher können Zuschüsse nur dann unter den Umsatzerlösen auszuweisen sein, wenn diese mit einer Gegenleistung verknüpft sind. Dieses Ergebnis entspricht auch der Auffassung des IDW (242. Sitzung zur Neudefinition der Umsatzerlöse nach dem BilRUG).

Zur weiteren Abgrenzung ist es auch denkbar, auf die umsatzsteuerliche Beurteilung von Zuschüssen im Umsatzsteueranwendungserlass (Abschnitt 10.2. UStAE) zurückzugreifen. Danach werden echte und unechte Zuschüsse unter anderem dadurch unterschieden, ob diese aufgrund eines Leistungsaustauschverhältnisses erfolgen oder auf allgemeinpolitischen oder öffentlich-rechtlichen Förderungen beruhen. Öffentliche Zuschüsse gehören regelmäßig zu den echten und demnach nicht umsatzsteuerbaren Zuschüssen, da es nach Auffassung der Finanzverwaltung am Leistungsaustausch zwischen Zuschussempfänger und Endverbraucher der Leistung fehlt. Allenfalls kann eine Leistungsbeziehung zwischen dem Zuschussempfänger und dem Zuschussgeber vorliegen. Bei der Würdigung dieser Umsatzsteuerregelungen ist jedoch zu beachten, dass diese nicht darauf gerichtet sind, den Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung zu klären. Somit können diese Regelungen nur hilfsweise und indiziell herangezogen werden.

Weder im Gesetzgebungsverfahren zum BilRUG noch in der Literatur ist der spezielle Ausweis von Zuschüssen in der Gewinn- und Verlustrechnung diskutiert worden. Daher ist auf die allgemeinen handelsrechtlichen Regelungen zurückzugreifen. Folgende gewichtige Gründe sprechen bei Vorliegen des jeweiligen Einzelfalls dafür, dass öffentliche Zuschüsse unter den Umsatzerlösen auszuweisen sind:

  1. Die Neudefinition der Umsatzerlöse durch das BilRUG erweitert den Umfang der darunter ausweisenden Erträge deutlich. Danach sind im Grundsatz alle aus der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens und mit einer unmittelbaren oder mittelbaren Gegenleistung verbundenen Erträge, gleichgültig ob diese typisch, regelmäßig oder außergewöhnlich und unregelmäßig anfallen, unter den Umsatzerlösen auszuweisen. Ein Ausweis unter den sonstigen betrieblichen Erträgen ist unter Beachtung des allgemeinen Wesentlichkeitsgrundsatzes nur noch im Ausnahmefall möglich.
  2. Bereits das IDW hat in HFA 2/1996 i.d.F. 2013 (Tz. 2.1.2. letzter Absatz) seine Auffassung dargelegt, dass erfolgswirksam verrechnete Aufwandszuschüsse (dazu gehören im Allgemeinen auch öffentliche Zuschüsse) entweder als Umsatzerlöse oder als sonstige betriebliche Erträge auszuweisen sind. Ein Ausweis unter den Umsatzerlösen war daher bereits unter den weiteren Voraussetzungen vor Anwendung des BilRUG möglich.

  3. Die den öffentlichen Zuschüssen zugrunde liegenden Zuwendungsbescheide regeln üblicherweise (z. B. in den allgemeinen Nebenbestimmungen), dass Zuschüsse nur unter der Maßgabe der Durchführung eines genau definierten geförderten Zweckes gewährt werden. Zuschüsse ohne Zweckbindung werden üblicherweise nicht gewährt. Diese Zuschüsse sind unter den weiteren Voraussetzungen zurückzuzahlen, sofern die Zweckbindung ganz oder teilweise nicht erfüllt wird. Insofern muss der Zuschussempfänger eine Gegenleistung erbringen.

  4. Die Gewährung von öffentlichen Zuschüssen kann unter die Erbringung von Dienstleistungen subsumiert und damit als Leistungsaustausch qualifiziert werden. Der Leistungsaustausch findet zwar nicht zwischen dem Zuschussempfänger und dem Endverbraucher, sondern zwischen der öffentlichen Hand als Zuschussgeber und dem Zuschussempfänger statt. Eine Beschränkung auf eine unmittelbare Gegenleistung des Endverbrauchers dürfte jedoch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nicht sachgerecht sein.

  5. Ein Zurückgreifen oder Verweis auf die umsatzsteuerlichen Regelungen ist wenig hilfreich, da es für Zwecke der Umsatzsteuer gerade nicht darauf ankommt, ob eine Leistung unter den Umsatzerlösen oder den sonstigen betrieblichen Erträgen ausgewiesen wird.

  6. Schließlich basiert im Einzelfall auch der Geschäftszweck von Unternehmen (z. B. im Biotechnologie- oder Start-up-Bereich) darauf, dass öffentliche Zuschüsse eingeworben werden, um die Geschäftstätigkeit in Gang zu setzen oder voranzutreiben. Diese Zuschüsse stellen einen bedeutenden und nicht selten den einzigen Ertrag des Unternehmens dar, der in der Planrechnung und beim Nachweis der Fortführungsprämisse berücksichtigt wird. Ein Ausweis unter den Umsatzerlösen entspricht daher auch gemäß § 264 HGB der Vermittlung eines tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.

Igor Stranz, WP/StB, UHY Deutschland AG, Berlin