Verfassungswidrigkeit des körperschaftsteuerlichen quotalen Abzugsverbots nicht genutzter Verluste (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG)

Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG). Zweck der Vorschrift ist es, Steuerumgehungen durch sog. Mantelkäufe zu vermeiden. Das sind Geschäfte, bei denen Anteile einer nicht mehr betrieblich aktiven Gesellschaft zur Ausnutzung von deren Verlustvorträgen an einen neuen Gesellschafter übertragen werden. Mit dem Jahressteuergesetz 2018 will der Gesetzgeber diese Regelung rückwirkend für nach dem 31. Dezember 2007 und vor dem 1. Januar 2016 stattgefundene schädliche Beteiligungserwerbe (d. h. mehr als 25 % und bis zu 50 %) ersatzlos streichen.

Grund ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. März 2017, demnach die Regelung mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Der Gesetzgeber war durch das BVerfG aufgefordert worden, bis Ende 2018 eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen. Die ersatzlose Aufhebung für den Zeitraum 2008 bis 2015 soll auch entsprechend für gewerbesteuerliche Verlustvorträge (§ 10a GewStG) gelten. Folglich entfiele für diesen Zeitraum für die Vergangenheit die anteilige Streichung der Verlustvorträge, was sowohl unmittelbare als auch mittelbare Anteilserwerbe betrifft.

Im Ergebnis wäre § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG erst auf schädliche Beteiligungserwerbe anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 stattgefunden haben. Der Beschluss des BVerfG hatte die Beurteilung der Verfassungskonformität nach dem Wirksamwerden des § 8d KStG (sog. fortführungsgebundener Verlustvortrag), der ab dem 1. Januar 2016 unter bestimmten Voraussetzungen eine Nichtanwendung des § 8c KStG ermöglicht, offengelassen. Die Gesetzesbegründung weist jedoch darauf hin, dass vor dem 1. Januar 2016 erfolgte Beteiligungserwerbe gleichwohl Zählerwerbe für Zwecke des für Beteiligungserwerbe nach dem 31. Dezem-ber 2015 weiterhin geltenden § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG sein können. Gemeint ist damit, dass Erwerbe aus 2015 späteren weiteren Erwerben in 2016 hinzugerechnet werden, was den ab 2016 wieder möglichen quotalen Verlustuntergang bezogen auf beide Erwerbe erlaubt.

Das FG Hamburg ist zusätzlich von der Verfassungswidrigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG, der einen vollständigen Verlustuntergang bei schädlichen Erwerben von mehr als 50 % vorsieht, überzeugt und hat daher dem BVerfG auch die Klärung dieser Norm vorgelegt. Eine Regelung zu Satz 2 enthält der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2018 allerdings nicht. Die Begründung des Referentenentwurfes weist aber zumindest darauf hin, dass das BVerfG die verfassungsrechtliche Frage des Satzes 2 offengelassen hat. Es sollten deshalb sämtliche Steuerbescheide, die einen Wegfall von Verlustvorträgen nach § 8c KStG beinhalten, offengehalten werden.

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