Interview mit Michael Jagdt, Geschäftsführer der Lignotec Massivholz GmbH, Berlin

Herr Jagdt, die Firma Lignotec bzw. die vorhergehende Firma existiert bereits seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Können Sie kurz einen historischen Abriss geben?

Die vorhergehende Firma, die auch noch die heutige Muttergesellschaft ist, heißt Mitteldeutsche Holzbearbeitungs-Gesellschaft Richter GmbH & Co. KG. Sie war bereits Mitte der 20er-Jahre im letzten Jahrhundert in Berlin-Plötzensee ansässig. Damals lag Plötzensee praktisch vor den Toren der Stadt, obwohl der Gutsbezirk seit 1920 zu Groß-Berlin, Bezirk Charlottenburg gehörte. Zu der Zeit gab es außer einer großen Strafanstalt nur ländliche Gutshöfe und Exerzierplätze in der direkten Nachbarschaft.

Die „Mitteldeutsche“ oder „Firma Richter“ – wie das Namensungetüm von den Kunden handlich gemacht wurde – stellte Kisten für verschiedene Kunden her: Obstkisten, Munitionskisten, Transportverpackungen, Todeskisten/Särge. Im zweiten Weltkrieg – so stellen wir es uns heute vor – stieg der Bedarf zuerst an Munitionskisten und später dann an Särgen. Schließlich hat sich die Firma Richter auf Särge spezialisiert. In den Siebzigern kam die Firma in Schwierigkeiten, als der Inhaber verstarb ohne eine Nachfolge geregelt zu haben. Durch einen Zufall lernte mein Vater Eckhard Jagdt die verwitwete Frau Richter kennen, worauf er kurze Zeit später erst die Geschäftsführung übernahm und später auch die Firma erwarb.

Damals war die Mitteldeutsche ein kleiner Sarghersteller im geteilten Westteil der Stadt. Sowohl die großen Bestattungshäuser wie Grieneisen, Otto Berg oder Hahn beschäftigten mehr Mitarbeiter in der hauseigenen Sargtischlerei als die Mitteldeutsche. Darüber hinaus gab es noch zwei weitere Sarghersteller in der Stadt und mehr als 100 in der alten Bundesrepublik.

Eine Wiedervereinigung und ein paar Jahre später finden Sie im Umkreis von 250 km neben der heutigen Lignotec MassivHolz GmbH keinen deutschen Sarghersteller mehr. Obwohl wir heute von der Mitarbeiterzahl (25) ähnlich groß sind wie damals, hat sich die Wettbewerbssituation total verändert. Zwar sind wir in Bezug auf die Anzahl der hergestellten Särge etwas gewachsen, aber in der Zwischenzeit sind viele der übrigen deutschen Sargfabriken deutlich geschrumpft oder haben die Herstellung vollständig eingestellt.

Sie sind mit dieser über 90-jährigen Firmengeschichte einer der letzten großen Sarghersteller Deutschlands und der einzige in Berlin, wie kam es dazu?

Mit dem Mauerfall fand ein Umschwung in Deutschland bei der Wahl der bevorzugten Bestattungsart statt. Waren vorher Erdbestattungen üblich und Feuerbestattungen eher die Ausnahme, kehrte sich dieses Verhältnis mehr und mehr um. Zusammen mit einer zunehmenden Säkularisierung und der Streichung des Sterbegeldes der Krankenkassen führte dies dazu, dass die Nachfrage nach aufwendigen und hochwertigen Särgen immer weiter abnahm und die Nachfrage nach einfachen, schmucklosen Särgen zunahm. Während die meisten deutschen Sarghersteller sich dazu entschieden, dieses einfache Marktsegment mit Handelsware aus Osteuropa zu bedienen, ging man bei Lignotec einen anderen Weg: Zusammen mit Partnern entwickelten wir ein für die Sargfertigung geeignetes Material, das es möglich machte, sehr schlichte und einfache Särge für die wachsende Nachfrage an Kremationen in Deutschland herzustellen und damit auch international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Gleichzeitig investierten wir – für einen Kleinbetrieb war das in 1993 relativ früh – in den ersten Lackierroboter, dem in 2009 der erste Montageroboter folgte. Beide Anlagen wurden fast vollständig im eigenen Haus entwickelt und projektiert, so dass ein erhebliches Know-how entstand, dass letztendlich zu einer überdurchschnittlichen Produktivität führte.

Schon lange geht es nicht mehr nur um die „einfache“ Herstellung von Särgen, viele Menschen gehen heute recht offen mit dem Thema „Tod“ um und wünschen sich einen Rund-um-Service. Haben Sie Lösungen für Langzeitplaner oder aber Kooperationen mit anderen Partnern?

Zurzeit sehen wir uns noch als Lieferant und Partner des Bestattungsgewerbes, d. h. wir sehen unsere Aufgabe darin, unsere Kunden, die Bestattungsunternehmen, zuverlässig, kurzfristig und pünktlich mit Produkten zu beliefern, die sie für eine Beisetzung oder Trauerfeier benötigen.

Auch wenn die Produktpalette heute umfassender ist als „einfache“ Särge, so ist es dennoch so, dass der Rund-um-Service eine typische Domäne der Bestattungshäuser ist.

Allerdings experimentieren wir mit neuen Serviceangeboten, die von Bestattern gebucht werden können, um ihr eigenes Leistungsspektrum im konkreten Trauerfall deutlich zu verbessern. Ebenso wie erste Kooperationen mit Partnern, die neue Plattformen der digitalen Kundenbetreuung (B2B2C) im Bestattungswesen aufbauen, sind diese Entwicklungen noch in einem frühen Stadium. Dennoch trauen wir ihnen langfristig ein erhebliches Potential zu.

Heutzutage ist das Thema Fachkräftemangel in aller Munde, spielt dies auch bei Ihnen eine Rolle und wenn ja, wie bewältigen Sie diese Herausforderung?

In der Tat stellen wir heute fest, dass der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter an Intensität zugenommen hat. Durch die zunehmende Nachfrage am Arbeitsmarkt erhalten Arbeitnehmer heute öfter Anreize zum Vergleich von Arbeitsbedingungen. So fällt es Bewerbern und auch Mitarbeitern leichter, ihre Vorstellungen hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsinhalte und Rahmenbedingungen souveräner zu verhandeln.

Gleichzeitig stellen wir aber auch fest, dass wir bei einem ehrlichen Vergleich des Gesamtpakets durchaus als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Hierbei scheint vielfach die von uns angestrebte Perspektive auf ein langfristiges Arbeitsverhältnis, die Möglichkeit sich aufgrund finanzieller Beständigkeit privat etwas aufzubauen, wie auch sich persönlich im Rahmen einer stabilen Arbeitsumgebung weiter zu qualifizieren und in Verantwortungsbereiche hineinzuwachsen bedeutsamer zu sein als die Gehaltshöhe.

Trotzdem gehen wir davon aus, dass sich die Personalknappheit in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen wird. Die demographischen Prognosen lassen uns gleichzeitig einen steigenden Bedarf nach unseren Produkten erwarten. Insofern glauben wir, dass eine Erhöhung des Anteils an Robotern in der Produktion für uns naheliegend wie auch alternativlos ist.

Wie kam der Kontakt mit UHY zustande und wobei konnten und können wir Sie besonders unterstützen?

Ursprünglich kamen wir mit Herrn Lauer in Kontakt, als wir in den 90er Jahren eine Betriebsaufspaltung zur Senkung der Gewerbesteuerlast rechts- und steuersicher durchführen wollten. Die sehr angenehme und kompetente Zusammenarbeit führte kurz darauf dazu, dass wir mit der vollständigen Lohn- und Steuerbearbeitung zu UHY wechselten. Seitdem haben wir einige wichtige Projekte gemeinsam durchgeführt (z. B. steuerfreie Übertragung der Firma im Zuge der Nachfolge bei gleichzeitiger finanzieller Altersabsicherung oder die Bewertung und der Erwerb eines Wettbewerbers) und wir haben eine inzwischen mehrfach vom Finanzamt ergebnislos geprüfte laufende Buchhaltung, die inzwischen mit der Unterstützung von UHY praktisch vollständig auf unserem ERP-System erfolgt.

Wir schätzen die stets herzliche und kompetente Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern von UHY sehr und fühlen uns gut aufgehoben und aufgestellt, um neue spannende Projekte auch in Zukunft gemeinsam anzugehen.

Themenübersicht

AllgemeinesHGBSteuernArchiv