Praxisfragen zu Sanktionen bei der Offenlegung von Jahresabschlüssen
Grundlagen
Gemäß § 325 HGB sind Kapitalgesellschaften und bestimmte Personenhandelsgesellschaften zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse verpflichtet. Diese Unterlagen müssen beim Bundesanzeiger elektronisch eingereicht werden. Der Umfang der offenlegungspflichtigen Unterlagen ist im HGB in Abhängigkeit von der Größenklasse definiert. Im Regelfall gehören dazu die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und der Anhang. Bei mittelgroßen und großen Gesellschaften sind darüber hinaus der Lagebericht und der Bestätigungsvermerk verpflichtend einzureichen. Zusätzlich müssen Aktiengesellschaften etwa den Bericht des Aufsichtsrates mit offenlegen. Alle Gesellschaften müssen bei Offenlegung oder ggf. nachträglich das Datum der Feststellung des Abschlusses offenlegen.
Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften sind verpflichtet, diese Unterlagen innerhalb der gesetzlich definierten Frist einzureichen. In der Praxis ist insbesondere auf die Einhaltung dieser Frist zu achten, um Sanktionen zu vermeiden. Danach sind gemäß § 325 Abs. 1a HGB diese Unterlagen spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahres, auf das sich der Abschluss bezieht, einzureichen. Bei kalendergleichen Geschäftsjahren sind danach die offenlegungspflichtigen Unterlagen bis spätestens 31.12. des Folgejahres an den Bundesanzeiger elektronisch zu übermitteln. Die Frist gilt als gewahrt, sobald die Unterlagen zur Offenlegung bzw. Hinterlegung (bei Kleinstkapitalgesellschaften) beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht werden. Werden die eingereichten Rechnungslegungsunterlagen durch den Bundesanzeiger erst nach Ablauf der Frist veröffentlicht, begründet dies keinen Verstoß der gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft gegen die Offenlegungspflicht. Bei börsennotierten Kapital gesellschaften sind die o. g. Fristen deutlich kürzer.
Einzelfragen
Bei der praktischen Umsetzung stellen sich insbesondere folgende Fragen:
Sicherstellung der Einhaltung der allgemeinen Frist (1-Jahresfrist)
In den letzten Jahren gewann die Einhaltung der 1-Jahresfrist zur Offenlegung der Unterlagen erhebliche Bedeutung in der praktischen Arbeit. Die Frist stellt im Allgemeinen eine Ausschlussfrist dar, die nur in eng begrenzten Ausnahmefällen ohne Sanktionen überschritten werden kann.
Der Bundesanzeiger bzw. das Bundesamt für Justiz sind in den letzten Jahren verstärkt dazu übergegangen, bei Fristversäumnis die betroffenen Unternehmen innerhalb von sehr kurzer Zeit nach Überschreiten schriftlich anzumahnen und die Einreichung der Unterlagen innerhalb einer zusätzlichen Frist von 6 Wochen anzufordern. Dieses Erinnerungsschreiben „kostet" EUR 103,50 und ist verbunden mit der Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von EUR 2.500, sofern die Einreichung der Unterlagen nicht innerhalb dieser gewährten Frist erfolgt. Diese „Erinnerungsgebühr" von EUR 103,50 ist in jedem Fall zu zahlen, auch dann, wenn die Offenlegung danach innerhalb der 6-Wochen-Frist erfolgt.
Sofern dagegen die Offenlegung nicht innerhalb der 6-Wochen-Frist erfolgt, wird das Ordnungsgeld von EUR 2.500 festgesetzt. Der Vorgang ist damit jedoch nicht abgeschlossen, sondern der Bundesanzeiger ist berechtigt und verpflichtet, das Ordnungsgeld erneut und mit stufenweise höheren Beträgen festzusetzen, solange die Offenlegung nicht erfolgt ist. Erst durch die tatsächliche Offenlegung kann das Verfahren endgültig beendet werden, jedoch sind die bis dahin aufgelaufenen Ordnungsgelder zu entrichten.
Das bundesweit zuständige Landgericht Bonn hat wiederholt Klagen von offenlegungspflichtigen Unternehmen abgewiesen, die aus verschiedenen Gründen die Frist nicht einhalten konnten und gegen die Festsetzung der Ordnungsgelder gerichtlich vorgegangen sind. Aufgrund der Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass nur in atypischen Ausnahmefällen eine Fristverlängerung bzw. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sanktionslos (also ohne Erinnerungsgebühr und ohne Ordnungsgeld) gewährt wird. Bei wiederholten bzw. fortlaufenden Verstößen kann das Ordnungsgeld bis auf einen Höchstbetrag von EUR 25.000 steigen (für kapitalmarktorientierte Unternehmen kann dieser Betrag höher sein). Dieser Höchstbetrag wird jedoch nicht einmalig festgesetzt, sondern solange wie die Offenlegung nicht erfolgt ist
Aus steuerlicher Sicht ist schließlich zu beachten, dass das Ordnungsgeld ein Bußgeld und damit eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG darstellt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass alle offenlegungspflichtigen Unternehmen nicht nur aufgrund der gesetzlichen Regelung, sondern auch aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus die Einhaltung dieser Frist unbedingt überwachen und die Unterlagen fristgerecht offenlegen bzw. spätestens innerhalb der gewährten Nachfrist von 6 Wochen die Offenlegung nachholen sollten.
Umfang der einzureichenden Unterlagen und Inanspruchnahme von Erleichterungen
Insbesondere für kleinere und mittelgroße Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der GmbH und GmbH & Co. KG ist von Bedeutung, welche Erleichterungsmöglichkeiten sie in Anspruch nehmen können.
Grundsätzlich gilt: Die Unterlagen sind vollständig einzureichen, Kürzungen, Umstellungen oder Zusammenfassungen sind nicht zulässig.
Die Unterlagen sind richtig und in Übereinstimmung mit dem aufgestellten und festgestellten Abschluss einzureichen. Die Einreichung muss in elektronischer Form und in deutscher Sprache erfolgen.
Allerdings sind unabhängig vom aufgestellten Abschluss Erleichterungen bei der Offenlegung der Unterlagen dann zulässig, sofern dies gesetzlich erlaubt ist. Unabhängig vom gesellschaftsrechtlich oder freiwillig erstellten Umfang des Jahresabschlusses dürfen kleine Kapitalgesellschaften nur die (verkürzte) Bilanz und den (verkürzten) Anhang offenlegen. Die Gewinn- und Verlustrechnung muss überhaupt nicht offengelegt werden. Bei den prüfungspflichtigen mittelgroßen Kapitalgesellschaften sind Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Lagebericht und der Bestätigungsvermerk offenzulegen, wobei Kürzungen gegenüber dem aufzustellenden Jahresabschluss nur für einige wenige Angaben zulässig sind. In jedem Fall ist bei allen Gesellschaften das Datum des Beschlusses zur Feststellung des Jahresabschlusses offenzulegen bzw. später nachzureichen. Sofern die Offenlegung bereits verspätet (also nach Ablauf der 1-Jahresfrist) erfolgt, muss zwingend das Datum der Feststellung mit offengelegt werden. Ansonsten nimmt der Bundesanzeiger die Offenlegung nicht an.
In der Praxis fordert der Bundesanzeiger nach der Einreichung der offenlegungspflichtigen Unterlagen insbesondere dann zusätzliche Angaben an, sofern etwa die Bilanzsumme bei kleinen Kapitalgesellschaften überschritten ist. In diesem Fall werden regelmäßig zusätzlich die Umsatzerlöse sowie die Anzahl der Arbeitnehmer für das Geschäftsjahr und das Vorjahr abgefragt. Der Bundesanzeiger behält sich damit eine eigene interne Prüfung vor, ob die Größenklassenkriterien des§ 267 HGB (klein, mittelgroß oder groß) zu Recht in Anspruch genommen worden sind. Diese Daten werden auskunftsgemäß nicht veröffentlicht. Im Zusammenhang mit der Anfrage weist der Bundesanzeiger darauf hin, dass bei Nichtbeantwortung der abgefragten Daten davon ausgegangen wird, dass die Erleichterungen zu Unrecht in Anspruch genommen worden sind und daher das Bundesamt für Justiz informiert wird. Dieses ist dann für das Ordnungsgeldverfahren zuständig. Es empfiehlt sich daher aus unserer Sicht, die Fragen fristgerecht und vollständig zu beantworten, da der damit verbundene Aufwand (Anfrage und Antwort erfolgen regelmäßig nur per E-Mail) gering ist und ansonsten ein Ordnungsgeldverfahren droht. In unserer Praxis erleben wir aber leider, dass der Bundesanzeiger nahezu bei allen kleinen Kapitalgesellschaften, die die Größenklasse bei der Bilanzsumme überschreiten, nachfragt. Ob der Bundesanzeiger damit im Rahmen seines Auftrages handelt oder hier ein generelles Misstrauen gegenüber dem Unternehmen und dem Umfang der offengelegten Unterlagen besteht, kann hier dahingestellt bleiben.
Sofern die offenlegungspflichtigen Unterlagen nicht vollständig oder inhaltlich unrichtig oder vorläufig eingereicht worden sind, muss später eine Berichtigung erfolgen. Sofern das Bundesamt für Justiz derartige Versäumnisse oder Fehler feststellt, wird im Allgemeinen das Unternehmen aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen bzw. innerhalb einer gesetzten Frist eine Berichtigung vorzunehmen. Wird die Berichtigung vorgenommen, kann das weitere Verfahren eingestellt werden. Anderenfalls kann durch das Bundesamt für Justiz ein Bußgeldverfahren eröffnet werden.
WP/StB Igor Stranz, UHY Deutschland AG, Berlin