Neue und geänderte Anforderungen an den Konzernlagebericht - DRS 20
Der neue Standard zur Konzernlageberichterstattung (DRS 20: Konzernlagebericht) wurde am 14. September 2012 vom Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) verabschiedet und am 4. Dezember 2012 vom Bundesministerium der Justiz bekannt gemacht. Der neue Standard ist das Ergebnis eines umfassenden Reformprojekts zur Überarbeitung der bisherigen Regelungen zum Konzernlagebericht. Auch für IFRS-Anwender, die der Konzernlageberichterstattung nach dem Handelsgesetzbuch unterliegen, ist DRS 20 verpflichtend anzuwenden.
Hintergrund
DRS 20 gilt für alle Mutterunternehmen, die einen Konzernabschluss gemäß § 315 HGB aufzustellen haben oder freiwillig aufstellen. Der DRS 20 ersetzt die bisherigen Regelungen zur Konzernrechnungslegung (DRS 15: Lageberichterstattung; DRS 5: Risikoberichterstattung; DRS 5-10: Risikoberichterstattung von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten; DRS 5-20: Risikoberichterstattung von Versicherungsunternehmen).
Der neue Standard ist erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2012 beginnen, verpflichtend anzuwenden, d. h., soweit das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, ist der neue Standard erstmals für das Geschäftsjahr 2013 anzuwenden.
Grundsätze in DRS 20
Der Konzernlageberichterstattung nach DRS 20 sind folgende sechs Grundsätze zugrunde zu legen:
- Vollständigkeit,
- Verlässlichkeit und Ausgewogenheit,
- Klarheit und Übersichtlichkeit,
- Vermittlung der Sicht der Konzernleitung,
- Wesentlichkeit,
- Informationsabstufung.
Die beiden zuletzt genannten Grundsätze der Wesentlichkeit und Informationsabstufung wurden neu in den DRS 20 aufgenommen. Der Grundsatz der Konzentration auf die nachhaltige Wertschaffung ist nicht mehr in DRS 20 enthalten. Mit der Aufnahme der Wesentlichkeit als eigenständigen Grundsatz der Konzernlageberichterstattung wurde nunmehr auch konzeptionell dessen Gültigkeit für sämtliche Regelungen des Standards verdeutlicht. Eine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Vorgehensweise stellt die Aufnahme des Grundsatzes der Informationsabstufung dar. Demnach sollen Umfang und Detaillierungsgrad der Darstellung von den spezifischen Gegebenheiten des Konzerns abhängen. Genannt werden in diesem Zusammenhang explizit die Art der Geschäftstätigkeit sowie die Größe und die Inanspruchnahme des Kapitalmarkts.
Wesentliche Neuerungen
Grundlagen des Konzerns
Zum Verständnis der Ausführungen zum Geschäftsverlauf sind Angaben zu den wirtschaftlichen und organisatorischen Grundlagen des Konzerns zu machen. Der Standard verlangt hierzu von allen Unternehmen Angaben zum Geschäftsmodell des Konzerns und zu Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen zudem Angaben zu den Steuerungssystemen machen. Die Berichterstattung über Ziele und die zu ihrer Erreichung verfolgten Strategien erfolgt auf freiwilliger Basis. Wird darüber berichtet, hat dies im Einklang mit DRS 20 zu erfolgen.
Wirtschaftsbericht
Im Wirtschaftsbericht ist auf den Geschäftsverlauf und die Lage des Konzerns einschließlich der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen einzugehen. DRS 20 sieht in diesem Berichtsteil folgende wesentliche Neuerungen vor:
- Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wesentlichkeit sind gesamtwirtschaftliche und branchenbezogene Rahmenbedingungen nur darzustellen, soweit dies für die Analyse des Geschäftsverlaufs des Konzerns erforderlich ist.
- DRS 20 konkretisiert die Segmentinforma-tionen zur Ertragslage und zu den Investitionen.
- Im DRS 20 wird erstmalig die Möglichkeit eröffnet, in einem gesonderten Abschnitt über Nachhaltigkeit zu berichten.
- Ein Abgleich früherer Prognosen mit der tatsächlichen Entwicklung ist künftig vorzunehmen.
Prognose-, Chancen- und Risikobericht
Die umfangreichsten Änderungen durch den DRS 20 betreffen die zukunftsorientierte Berichterstattung im Prognosebericht sowie die Chancen- und Risikoberichterstattung.
Eine der deutlichsten und am meisten diskutierten Veränderung in DRS 20 gegenüber DRS 15 stellt die Verkürzung des Prognosehorizonts im Lagebericht von zwei Jahren auf zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag dar. Mit dieser Verkürzung trägt das DRSC der Kritik aus der Unternehmenspraxis in Deutschland sowie der internationalen Praxis der Prognoseberichter-stattung Rechnung, die derzeit ebenfalls keine zweijährige Prognose für Unternehmen in anderen EU-Staaten fordert.
Einhergehend mit der Verkürzung des Progno-sezeitraums erhöht jedoch das DRSC die Anforderungen an die Prognosegenauigkeit. Richtung und Intensität der Prognose sind künftig, soweit keine besonderen Umstände außergewöhnlich hoher Unsicherheit bestehen, in Form von Punkt-, Intervall- oder qualifiziert-kompara-tiven Prognosen anzugeben. Öffentlich verfügbare Prognosen zur Entwicklung der Gesamtwirtschaft und der Branche sind nur noch darzustellen, soweit dies für das Verständnis der Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung des Konzerns erforderlich ist. Die wesentlichen Annahmen müssen im Einklang mit dem Konzernabschluss stehen.
Beim Risiko- und Chancenbericht ist das DRSC bestrebt, eine möglichst symmetrische Behandlung von Chancen und Risiken in der Berichterstattung sicherzustellen. Dies beginnt bei der Änderung der Definition der beiden Begriffe. Nunmehr sind Risiken und Chancen immer als negative bzw. positive Abweichungen von der Prognose zu verstehen. Über Chancen und Risiken ist ausgewogen zu berichten.
Weitere Berichtsbestandteile
Neben den vorstehenden Neuregelungen beinhaltet der neue Standard folgende weitere Berichtsinhalte, die jedoch teilweise nur kapitalmarktorientierte Unternehmen betreffen: Nachtragsbericht, Internes Kontrollsystem und Risikomanagementsystem bezogen auf den Konzernrechnungslegungsprozess, Risikoberichterstattung über die Verwendung von Finanzinstrumenten, übernahmerelevante Angaben, Erklärung der Unternehmensführung sowie die Versicherung der gesetzlichen Vertreter. Für diese Berichtsbestandteile ergeben sich keine bzw. kaum Unterschiede zu den bisherigen Regelungen.
Fazit
Vor dem Hintergrund der praktischen Erfahrungen mit der Umsetzung der bisherigen Regelungen in DRS 15 und DRS 5 - auch vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise - hat der DRSC mit DRS 20 einen grundlegend überarbeiteten Standard zur Konzernberichterstattung veröffentlicht, dessen Berichtsanforderungen teilweise deutlich detaillierter sind als die bisherigen Regelungen. Zugleich wird der Unterschiedlichkeit von Konzernen aufgrund ihrer Betätigungsfelder, ihrer Größe und ihrer Kapitalmarktnähe durch die stärkere Betonung der Wesentlichkeit von Informationen einerseits und die Einführung differenzierter Berichtsanforderungen für kapitalmarktorientierte und nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen andererseits deutlich stärker als bisher Rechnung getragen.
Wieweit die Änderungen - wie vom DRSC beabsichtigt - im Vergleich zu den bisherigen Regelungen auch eine Ausstrahlungswirkung auf den Lagebericht gemäß § 289 HGB (Einzelabschluss) entfalten, ist angesichts der hierzu erst beginnenden Diskussion in Schrifttum und Praxis derzeit noch nicht absehbar.